Muttertagsbashing

Mütter und Töchter, Bild: Barbara Heintz

Muttertagsbashing wohin man schaut. Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Die Rede ist von der Kommerzialisierung und dem „nur an diesem Tag denken“ an die Mütter. Von den bösen bösen Blumenläden, die sich an diesem Tag eine goldene Nase nach der anderen verdienen und danach das Geld mit Schubkarren aus dem 8 qm Laden fahren müssen. Von den Pralinenherstellern, die am Montag danach in ihrem Geldspeichern baden und von den Restaurants, die 14 Tage Betriebsferien machen können, weil alle Mütter der Republik ja ausgeführt werden und Vati sich an dem Tag nicht lumpen lässt.

Und warum machen sie das alle? Genau, weil sie sich damit quasi einen Ablassschein kaufen, die Mutter den Rest des Jahres nicht mehr zu ehren und nicht zu beachten. Man hat ja am Muttertag seine emotionale Pflicht der Mutter und seine Staatsbürgerpflicht der Volkswirtschaft gegenüber erfüllt.

Der Gedanke drängt sich mir zumindest auf, wenn ich die ganzen Aufschreie quer durch alle Medien lesen muss.

Und mir platzt da echt der Kragen. Und nein, nicht weil wir 3 Mio. Biskuit Backmischungen und tausende von Herzbackformen zu dem Tag verkaufen (ehrlich gesagt hält sich unser Umsatz an dem Tag echt in Grenzen und ist nicht wirklich spürbar) sondern weil mir diese ganze Verlogenheit auf den Keks geht.

Argument 1: Die böse Kommerzialisierung

Himmel was ist denn dabei, wenn Blumenläden und Geschenkeläden an dem Tag etwas verdienen? Und nur am Rande: die meisten Blumenläden gehören Frauen, der Großteil von ihnen Mütter, die an einem Sonntag arbeiten, damit sich andere Frauen über ihre Kreationen freuen können.

Was genau ist so schlimm daran, dass es Firmen gibt, die an Geschenken, die zu diesem Anlass verkauft werden, etwas verdienen. Schon vergessen? Diese Firmen stellen Arbeitsplätze, bezahlen Steuern und das nicht mit „bösen“ Produkten, sondern mit harmlosen und netten Konsumgütern. Warum muss „man“ in Deutschland da immer gleich die „böser Kapitalismus“-Keule rausholen?

Und wer sagt denn, dass man etwas kaufen muss. Ich war in jedem Alter von den Geschenken meiner Kinder berührt. Sei es eine Zeichnung, sei es ein Gedicht und vor allem von den Karten, die mir  meine Kinder schreiben. Und wenn ich Blumen (hier nach Bedarf: Pralinen, Wellnessurlaube, Goldgeschmeide einsetzen) kriege, ja dann freue ich mich auch. Aber das ist kein Muss sondern ein „nice to have“.

 

Argument 2: Der Dank soll nicht auf einem Tag beschränkt bleiben

Nein natürlich nicht. Klar, sollte und kann man sich jeden Tag glücklich schätzen eine Mutter zu haben (und Kinder und Partner und Großeltern und gute Freunde und und und). Und man sollte es ihnen nicht nur an einem willkürlich eingeführten Tag zeigen, sondern tagein tagaus. Und? Wie sieht die Realität aus? Das läuft einfach so mit. Klar schätzt man seine Mutter, aber wie oft nimmt man sich die Zeit, setzt sich hin und schreibt ihr, was sie einem bedeutet. Oder widmet ihr einen ganzen Tag lang seine Zeit und lässt sie wirklich mal im Mittelpunkt stehen und die Themen bestimmen. Und ich rede jetzt nicht von mir als Mutter, sondern von meiner Mama, die das Pech hat, einen sehr wortstarken Ehemann und nicht auf den Mund gefallene Töchter abbekommen zu haben, die sich bei 99% der Essen schon mal gerne über Firmenthemen unterhalten.

OK das ist bei euch natürlich etwas ganz anders. Ihr hängt eurer Mutter immer an den Lippen, schreibt ihr oft, was sie euch bedeutet und bringt ihr auch gelegentlich mal ein nettes Geschenk mit, um das ihr euch viel Gedanken gemacht habt.

Bestens.

Ich nicht. Ich denke oft nicht so weit. Und morgen bekommt meine Mama ein Geschenk, eine Karte, wir gehen mit ihr in ein Restaurant ihrer Wahl essen und reden über Dinge die sie interessieren.

 

Just my 2 cents

Nachtrag: Viele Infos zu Muttertag und nette Geschenkideen gibt es auf der Muttertags-Homepage.

 

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8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ganz ehrlich, der Kommerz ist mir dabei egal. Wenn ich was verschenke, kaufe ich das eh meist antizyklisch, also weit vor dem eigentlichen Tag. Es sei denn, der Anlaß der Feier ist nicht lange genug vorher bekannt.

    Ich finde nur, daß sich solche Gedenktage wie Valentinstag oder Muttertag einfach krampfig anfühlen. Mein Mann hat z.B. versucht, sich für morgen mit einem Freund zu verabreden, der sonst sehr wenig Zeit hat, aber diesen Sonntag noch nicht verplant hatte und gerne weggegangen wäre. Und prompt hat seine Frau ihn zurückgepfiffen, weil deren Muttilein sonst einen Aufstand macht und heult, wenn Freund & Frau samt Kind den Tag nicht mit ihr verbringen. Der Besuch dort verwandelt sich inzwischen in eine Pflicht, die Blumen und Pralinen auch. Und in anderen Familien heult dann noch das jeweils andere Mutti, das nun gerade nicht besucht werden kann, weil ja Mutti Nr. 1 früher und lauter Ansprüche angemeldet hat. :-/

    Das hat jetzt zwar einzeln betrachtet nur Anekdotencharakter, aber derer gibt es in unserem Umfeld so viele, daß der Muttertag in unserer Familie längst entnervt abgeschafft wurde, damit sich gar nicht erst irgendwer unter Druck gesetzt fühlt. Zumal der Vatertag ja auch niemanden juckt. (Für den wird in Kindergarten und Schule nie gebastelt. Aber vor Muttertag geht’s regelmäßig hektisch rund… Seltsam.)

    Wir finden, daß die Geburtstage der einzelnen Familienmitglieder völlig ausreichen und Muttertag fast schon so stressig wirkt wie das Pflicht-Familienabgeklappere an Weihnachten. (Welches wir auch nicht veranstalten, auch wenn Schwiegermutter in SB das gerne hätte…)

    • Schön, wenn du zu den antizyklischen Schenkern gehörst. Und wenn es sich für dich krampfig anfühlt, dann ist das eben so. Für mich hört sich das Beispiel, das du bringst nur super traurig (und krampfig) an.

    • Also wir haben auch zum Vatertag im Kindergarten gebastelt, ebenso wie für Muttertag.
      Meine Mama hat relativ früh gesagt wir sollen den Muttertag abschaffen und sie wann überraschen wenn sie nicht damit rechnet – hat im endeffekt doch nie jemand getan. (vor ein paar Jahren hab ich das aber wirklich mal und es gab einen handgeschriebenen Brief auf schönem Papier und ein bei Amazon gekauftes Album von ihrem Lieblingsinterpreten – das sie dann leider schon hatte *g*, sie war sehr gerührt und vor allem – sehr überrascht)

      Ich werde den Blogpost aber zum Anlass nehmen und Mama muttertagunabhängig mal wieder sagen dass sie die tollste Mama von Welt ist, hab ich schon lange nicht mehr.

      • Das kann ich mir super gut vorstellen, wie sehr sie sich gefreut hat und das allergrößte Geschenk für die meisten Mamas ist es sowieso wenn man ihnen sagt wie wichtig sie für einen sind. Und lieber einmal zu oft und nicht auf den Tag 🙂

  2. Liebe Andrea,

    Du sprichst mir aus der Seele. Sicherlich braucht „Kind“ keinen besonderen Tag, sich bei Mama zu bedanken. Aber wann tut es das denn, so ganz bewusst? Ich nicht.

    Gerade in den letzten Wochen war meine Mutter täglich für „mich“ da. Egal ob Untersuchungstermine, Arztfahrten, einkaufen gehen, Post wegbringen, zum Heilig Rock fahren und beten, dreimal am Tag anrufen wie es mir geht. Ja meine Mutter hat zur Zeit ziemlich viel mit mir um die Ohren, und sie kümmert sich trotz Vollzeitjob im Aussendienst, grossem Haus mit Garten, Katze und Partner rührend um mich. Und das war jetzt alles überhaupt nicht geplant. Ist es halt nie, wenn jemand krank wird. Und ich kann einfach nur Danke sagen. Mehr „verlangt“ Mama auch nicht. Für sie ist es selbstverständlich. So wie sie weiss, dass ich auch für sie da bin, wenn es ihr nicht gut geht.

    Für morgen habe ich ihr Maiglöckchen besorgt. Im Topf, diese kann sie in ihren geliebten Garten pflanzen. Sie mag Maiglöckchen. Sie wird sicherlich sagen „die sind giftig, für die Katze“ und sie dann hinten in der Ecke am Teich in die Erde setzen und sich freuen. Wir werden Kaffee trinken, Erdbeerkuchen essen und quatschen.

    Meine Mama verlangt sicher nicht, dass ich an Muttertag mit einem Präsent zu Besuch komme. Aber ich möchte das so. Und Mama insgeheim auch. Es war bei uns immer so und wird immer so sein. Blumen und Erdbeerkuchen. Und wir freuen uns beide schon heimlich darauf.

    Wer den Muttertag feiern möchte, soll ihn feiern. Und wer ihn nicht feiern möchte, den zwingt nichts und niemand dazu. Es kann jeder für sich entscheiden, und jeder so halten wie er es möchte.

    Ich wünsche Dir auch einen schönen Muttertag.

    Liebe Grüsse Andrea

    • Liebe Andrea, dein Kommentar hat mich sehr berührt. Danke, dass du deine Geschichte mit mir/uns teilst. Und so wie ihr den Muttertag feiert hört es sich ja wirklich perfekt an, einfach weil es für euch beide total stimmig ist.

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