Stolperstein: Geschlossene Bahnschranke

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Ihr kennt mein etwas angespanntes Verhältnis zur Bahn, oder? Monatelang haben sie in meinem Schlafzimmer für nächtliche Konzerte gesorgt und mich davon zu überzeugen versucht, dass Schlaf definitiv überbewertet ist. Irgendwann hatte die Quelle des Lärms, die Nachtbaustelle dann ein Ende, in meinem Schlafzimmer zogen Peace und Quiet wieder ein und eigentlich hätte die Geschichte damit ein Happy End.

Wenn nicht, ja wenn nicht, die damaligen nächtlichen Umbaumaßnahmen dazu gedient hätten, ein automatisches System zum Schließen der Bahnschranken zu installieren. Das Schließen übernimmt  jetzt nicht mehr ein netter Mitarbeiter bzw. eine nette Mitarbeiterin von der Bahn mit chicem Käppi auf dem Kopf, sondern irgendein seelenloser Computer.

Und dieser Computer hat Zeit. Jede Menge Zeit. Er findet nämlich, dass die Schranke schon unten sein muss, bevor der Zug überhaupt in den Bahnhof eingefahren ist bzw. von der anderen Seite, wenn der Zug im Ort zuvor gerade losfährt.

Das beschert den Menschen guten Willens, die einfach nur die Gleise in Sicherheit überqueren wollen, Wartezeiten von 3 – 5 Minuten. Und glaubt mir, diese Zeit zieht sich endlos, egal bei welchem Wetter.

Mein Arbeitsweg führt nun mindestens 4 mal täglich über besagten Bahnübergang und als hätte ich ein besonderes Talent dafür, erwische ich gefühlt jedes Mal die sich schließende Schranke. (Für Social Media Insider: Ich hatte ihr sogar schon einen Foursquare Ort eingerichtet an dem ich ungeschlagener Major war). Höre ich beim Verlassen meines Hauses oder unserer Firma (beide ungefähr 50 Meter diesseits und jenseits der Schranke), dass die Schranke bimmelt, gehe ich meist wieder zurück, schenke mir eine Tasse Kaffee ein und warte gemütlich.

Aber um mein Verhalten soll es hier eigentlich gar nicht gehen, sondern um die Reaktion die eine derart lang geschlossene Schranke provoziert. Ich kann gar nicht mehr zählen wie oft Fußgänger die geschlossenen Schranken missachten und die Gleise überqueren. Und das nicht, ganz kurz nachdem sie geschlossen haben, sondern oft Minuten später. Manchmal weil derjenige wirklich den Zug noch kriegen will, meist aber nur, weil er oder sie sich die Warterei ersparen möchte. Und jedes Mal frage ich mich, was ist, wenn derjenige jetzt stolpert und sich nicht mehr aufrappeln kann.

Und ich werde innerlich wirklich wütend. Auf die Menschen, dir ihr Leben aufs Spiel setzen, aber noch mehr darauf, dass sie vielleicht einem Kind ein Vorbild sind, dass diesen Unfug zur Unzeit nachahmt.

Als es heute mal wieder passiert ist hatte ich zufällig das iPhone in der Hand und habe ein solches Überqueren dokumentiert. Und ich kann nur hoffen, dass nie etwas passiert.

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Soweit ich weiß, gab es schon Bemühungen, die Bahn zu bewegen, die Intervalle wieder zu verkürzen. Leider ohne Erfolg.

Ein großes Ärgernis dürften die geschlossenen Schranken übrigens auch für die Rettungsdienste sein. Frank Recktenwald von der Eppelborner Feuerwehr hat mir freundlicherweise vorgerechnet, dass die Schranken am Tag zwischen 2 bis 3,5 Stunden geschlossen sein dürften. Um es genau zu berechnen, müsste man jede einzelne Schließung berechnen.

Krankenwagen Bahn

 

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5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Frau Juchem,

    seit längerer Zeit habe ich mal wieder auf Ihr sehr schön gestaltetes blog geschaut und war sofort medias in res. Die Problematik der Bahnschranke leuchtet mir als ehemaligem Ortskundigen ohne Wenn und Aber ein und man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen eine Optimierung finden. Spontan ruft die Bahnschranke bei mir jedoch völlig andere Assoziationen hervor. 1952/53 war ich gerade so alt, dass ich mit meinem Großvater die Fazination der Dampfeisenbahn entdecken konnte. Oft waren wir oben im Dorf beim ehemaligen Lebensmittelgeschäft Neu, wenn unten die Glocke der Schranke ertönte. Das war für mich das Signal, zum Bahnübergang hinunterzurennen, um die Lokomotive aus nächster Nähe beim Ein- oder Ausfahren bewundern zu können. Mehr als eine Minute hat es die Straße runter nicht gedauert, also waren die Wartezeiten damals erheblich kürzer. Zudem gab es für die Fußgänger auch noch eine Unterführung. Die Schranke war übrigens durchgängig, ein unbefugtes Passieren nicht möglich.

    Viele Grüße nach Eppelborn
    Alfred Gross

    • Danke Herr Gross, dass Sie diese schöne Erinnerung mit uns teilen. Wie gerne würde ich manchmal die Zeit zurückdrehen um die Dinge nochmal zu erleben, die uns als Kinder fasziniert haben.

      An eine Unterführung kann ich mich nicht mehr erinnern, aber wir sind auch erst 1979 nach Eppelborn gezogen und ich selbst bin Jahrgang 1963.

  2. 1967 habe ich Abi gemacht und bin nach Saarbrücken an die Musikhochschule zum Studieren. 1976 bin ich mit meiner damals sehr jungen Frau (wir sind jetzt 37 Jahre zusammen 🙂 ) wegen der Universität Tübingen ins Schwabenland umgezogen. Aber die alten Erinnerungen bleiben und es ist schön, sich durch Begebenheiten und Fotos anregen zu lassen. Der Bahnübergang spielte inklusive Unterführung besonders an Sonntagen eine große Rolle. Der damalige Dechant Altmeyer hielt jeden Sonntag um 14.30 Uhr eine sog. Christenlehre ab, die wir als Kinder und besonders als Ministranten besuchen mussten. Schwänzen ging nicht. Gleichzeitig kämpften unsere Idole der 1. Mannschaft des FV Eppelborn 1958 um die Meisterschaft der A-Klasse. Wir saßen in unserer Doppelfunktion als Ministranten und Spieler der D-Jugend auf glühenden Kohlen. Um 15.00 Uhr durften wir aus der Kirche und wollten natürlich so schnell wie möglich zum alten Fußballplatz (jetzt Industriegebiet). Die Direttissima ging über Bachmichels. Den kleinen Weg von der Kirche runter über einen Zaun und eine Mauer (was auf unserer Sonntagskleidung manchmal nicht ohne Spuren blieb) und dann über den Bahnübergang Richtung Sportplatz. Wenn ein Zug kam, waren wir für die Unterführung dankbar. Bei dem Foto Richtung Ortsmitte fällt mein Blick auf das Haus der Metzgerei Sturm. Mit Kurt, der viele zu früh gestorben ist, habe ich später in einer Mannschaft Fußball gespielt. Er war gefürchtet wegen seiner unbändigen Kraft, gerade elegant spielte er nicht. Ich erinnere mich an einen wunderbar aufrichtigen und ehrlichen Menschen. Das Haus auf der anderen Seite (später Haus Laumeier) hat sich mein Urgroßvater, der Baumeister Wiesen gebaut. Das habe ich aber auch erst jetzt auf Fotos eruiert. Er hat auch die Schule gebaut und den Umbau von St. Sebastian gemacht. Lange her…….

    • Danke auch für diese Erinnerungen. Ich wollte ja schon letztes Jahr darüber bloggen, muss ich unbedingt in der nächsten Zeit angehen.

  3. Hallo Frau Juchem
    Hallo Herr Gross

    auch für mich spielte der Bahnübergang in meiner Kindheit eine große Rolle. Da meine Mutter sehr früh verstarb, kam ich zu meiner Tante Anna Sturm nach Eppelborn und die Metzgerei Sturm wurde meine neue Heimat sowie Kurt mein großer “ Bruder „. Ich stimme Ihnen zu, er war ein toller Mensch und ich vermisse ihn noch immer. Mit ihm bin ich als Kind über die Geleise bis nach Lebach ins Schwimmbad gegangen.
    Meine Kindergärtnerin kam zu Fuß aus Calmesweiler. Ich schaute jeden morgen aus dem Fenster auf den Bahnübergang und wartete daß sie mich mit in den Kindergarten nahm.
    Auch waren die Ställe bei Bachmichels sowie die Schmiede ( de Henns ) gegenüber der Bahn ein ausgewiesenes Spielrevier für mich. Es war eine aufregende Zeit.

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