Antisemitisimus vor 75 Jahren und heutige Reaktionen

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In der Saarbrücker Zeitung von gestern war ein sehr guter Bericht über einen Zeitzeugen und Betroffenen: „Diese Nacht veränderte mein Leben“, der Saarlouiser Walter Löb erlebte die Reichspogromnacht als Zehnjähriger. Meiner Meinung nach ist es wichtig, immer und immer wieder zu lesen was damals passiert ist und sich zu erinnern welche Gräueltaten in diesem Land geschehen sind.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sich dadurch angegriffen fühlen kann. Großes Mitgefühl für die Opfer und Scham zu empfinden, über das, was Menschen (in diesem Fall Deutsche)  anderen  angetan haben, diese Reaktion ja. Sich der Verpflichtung zu stellen sich der Geschichte unseres Volkes, und der Verbrechen die es begangen hat, zu erinnern.

Für mich hat das nichts damit zu tun, ob ich persönlich Schuld bin oder nicht. Ich kann über Völkermord und Verbrechen, egal wo und wann sie geschehen sind, entsetzt und traurig sein, um so mehr also bei diesem.

Und bei all dem darf man nicht vergessen: Es ist noch gar nicht sooo lange her, wie uns diejenigen, mit Blick auf die seitdem vergangene Zeit, glauben machen wollen. Meine Eltern waren damals kleine Kinder. Ein Großvater war im Krieg. Menschheitsgeschichtlich gesehen war es gefühlt vorgestern und nicht vor Ewigkeiten.

Aber immer wieder, wenn das Thema Antisemitismus und die Verbrechen der Deutschen im 2. Weltkrieg aufkommt, kommen reflexhaft Äußerungen wie:

  • Das sollte doch mal langsam vergessen sein
  • Das ist schon so lange her
  • Es muss doch auch mal gut sein

Und das sind noch die harmlosen Reaktionen. Wie sich Diskussionen entwickeln können man auf der Facebook Seite „Leben in Saarbrücken“ nachlesen, bei der es auch um den von mir oben verlinkten Artikel geht.

Ein Bekannter von mir, Chris Histel hat diese Kommentare wie folgt kommentiert:

Es ist erst dann langsam mal gut, wenn die Leute aufhören zu sagen, dass es doch langsam mal gut sei.

Ein Twitter Account der mahnt, erinnert und schockiert: @9Nov38

Gut ist, dass es immer noch Menschen gibt die mit guten Aktionen die Gräuel in Erinnerung rufen. Auf eine sehr eindringliche Weise hat das in den letzten Tagen der Twitter Account @9Nov38 von: @CJahnz, @patabarelli, @MschFr, @pamphleteer_ , verantwortlich: @moritz_hoffmann getan.

Sie twittern Ereignisse vor, während und nach der Reichsprogromnacht am 9. November 1938. Wer diese Tweets liest, wird auf eine sehr eindrückliche und beklemmende Art daran erinnert, was vor gerade mal 75 Jahren in Deutschland geschehen ist.

Ich fand es gestern Abend auf alle Fälle sehr gespenstisch zwischen all den Tweets über Belanglosigkeiten und dem was heute wichtig ist oder dafür gehalten wird, zu lesen, was genau vor 75 Jahren in Deutschland geschehen ist.

Wenn ihr auch zu denen gehört, die es wichtig finden, sich zu erinnern, dann lest doch diese Art der Geschichtsaufarbeitung nach. Es lohnt sich.

Solltet ihr diesen Blogpost kommentieren wollen bitte ich euch um Sachlichkeit und faire Diskussion. Ich werde Kommentare, die sich nicht daran halten nicht freischalten.

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3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Gerade über einen Twitter-Retweet hierher gekommen. Danke für diesen Text! Wir hatten am Wochenende selbstverständlich auch eine Diskussion im Freundeskreis (alle zwischen 35 und 40). Allerdings waren wir alle davon überzeugt, dass das Erinnert-Werden ausgesprochen wichtig ist.
    Ich denke sogar, es ist heute noch wichtiger als vor, sagen wir, 20 Jahren. Ich begründe das wie folgt: Wir befinden uns an der Schwelle von Erinnern zu tradiertem Wissen. Die Menschen, die alles tatsächlich erlebt haben und davon berichten können, werden immer weniger. Ich hatte vor einigen Jahren das Privileg, die jüngste Auschwitz-Überlebende einmal persönlich kennen zu lernen. Obwohl wir über Literatur sprachen, war das Erlebnis für mich ein einschneidendes. Die nachfolgende Generation wird ihr Wissen über die Ereignisse ausschließlich aus Büchern und Filmberichten bereits Verstorbener ziehen können. Umso wichtiger ist es, dass wir uns ein lebendiges kollektives Gedächtnis bewahren. Es ist also noch ganz, ganz lange nicht „langsam mal gut“.

    • Danke für den Kommentar. Ich bin mir sicher, dass es viele Menschen gibt, die unsere Ansicht teilen, aber leider gefühlt viel mehr, die es nicht tun.

      Ihren Hinweis, dass sich die Qualität des Erinners gerade ändert, finde ich sehr wichtig.

  2. Habe den Artikel erst heute gefunden. Die Erinnerung an diese Ereignisse ist heute wichtiger denn je. Wir bewegen uns, gerade in Deutschland, in beängstigender Weise auf eine Wiederholung dieses Denkens zu. Der Unterschied ist nur die Zielgruppe: Muslime und Migranten. Der Pfarrer in meiner Jugendzeit (ich bin über 50), hat uns immer wieder mit dem Holocaust konfrontiert und uns eingeprägt: „Lasst nicht zu, daß so etwas noch einmal passiert.“

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