Glücklicherweise gibt es ja nicht nur die potentiellen, verbalen und tatsächlichen Brandstifter, es gibt auch so viele großartige Menschen. Die toll sind, nicht nur weil sie den Mund aufmachen um Stellung zu beziehen, sondern weil sie in solchen Notzeiten auch über sich hinauswachsen.
Ein solcher Mensch ist Katja Biesel. Kennengelernt haben wir uns in der Firma. Sie hat bei uns ein Praktikum während ihres Studiums gemacht und in ihrer Freizeit ist sie begeisterte und begnadete Hobbybäckerin. Und das waren auch so ungefähr die Themen, über die wir uns unterhalten haben.
Und dann wurde die Unterstützungsgruppe „Hilfe für Flüchtlinge im Auffanglager Lebach“ gegründet und auf einmal war sie mittendrin statt nur dabei. Statt wie geplant nur zu helfen, wurde sie eine der Admins und hat die Fäden in die Hand genommen, für die Koordinatorin der in der Turnhalle des BBZ Lebach auflaufenden Spenden.
Gestern hat sie nach spontanen Helfern gesucht. Für mich die Chance mit anzupacken, denn in der Woche geht es ja nicht.
Tja, was soll ich sagen. Alle meine romantischen Vorstellungen von Kleider- und Sachspenden habe ich dann mal ganz schnell über den Haufen geworfen.
Die Menge
Ich war von der schieren Flut an Spenden überwältigt. Die Halle war voll. Da türmten sich Berge an Klamotten und Spielzeug. Und während wir aufräumten und sortierten, kamen immer neue Lieferungen an. Menschen die eine ganze Wagenladung mit Waren brachten. Einfach nur großartig. Aber wie sich zeigte, ist das auch eine der Herausforderungen. Das Ganze muss entgegengenommen, gelagert, sortiert, weiterverteilt und teilweise entsorgt werden.
Die Ordnung der Dinge
Ich weiß echt nicht, was ich mir vorher gedacht habe. Aber irgendwie habe ich mir in meiner (wie ich jetzt weiß) grenzenlosen Naivität immer nur Bilder von einer Kammer mit wohlgeordneten Dingen vorgestellt. Wie in einem Kaufhaus. Schön nach Größen sortiert, nett und übersichtlich.
Der Aufwand
Dass es erst mal Stunden, Tage, Wochen dauert, um die Flut an Spenden zu sichten, zu sortieren – die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen- daran hab ich überhaupt nicht gedacht. Nada. Wieviele Menschen dazu gebraucht werden. Menschen mit Ordnungs- und Organisationstalent und Menschen die „einfach nur“ anpacken.
Die Intention der Spender
So wie ich es erlebt habe, gibt es mindestens 4 Arten von Spendern (ich hab das Ganze ja zum 1. Mal und nur ein paar Stunden lang gemacht, sicher gibt es noch mehr)
1. Die Mitfühlenden: sie spenden gute und qualitativ hochwertige Sachen . Kleider, die nicht mehr gebraucht werden, aber noch in Schuss sind und Kinderkleidung und Spielzeug, aus denen die Kinder rausgewachsen sind, die man aber auch in der Familie/unter Freunden vererben würde, ohne sich zu schämen.
2. Die Ahnungslosen: zu dieser Kategorie habe ich bisher auch gehört. Nach dem Motto, ist doch noch gut genug und die können für alles froh sein was sie kriegen. Aaaah ich schäme mich. Wirklich. Ich hab nie zu dem nächsten Typ Menschen gehört, aber ich war auch viel zu gedankenlos. Wie man richtig spendet (nach meiner Meinung) darüber erzähle ich euch dann im nächsten Blogpost.
3. Die Entrümpler: diese Art von Spendern nimmt den Spendenaufruf als willkommenen Anlass, zuhause mal so richtig klar Schiff zu machen. Die Flüchtlingen können ja froh für alles sein was sie bekommen (s.a. die Ahnungslosen).
- Der ganze Kleinschamass aus Überraschungseiern und Juniortüten, gerne auch unvollständig. Her damit.
- Ein Xylophon dem 3 Klangstäbe fehlen? Egal, macht ja noch Krach genug.
- Filzstifte denen die Kappe fehlt? Wird schon noch ein Quentchen Farbe abgeben.
4. Die Arschlöcher: ja, ihr habt richtig gelesen, oder wie würdet ihr eine Person bezeichnen, die einen verschissenen Babybody spendet. Kann man noch deutlicher seine Geringschätzung gegenüber Helfern, die das Ganze sortieren müssen und gegenüber den Empfängern zeigen?
Die nicht Einzuordnenden: warum um drei Teufels Namen spendet man für syrische Flüchtlinge das Buch: Fifty Shades of Grey. Oder das Ratgeberspiel: Energiesparen ist kinderleicht. Auch die Sinnhaftigkeit einer DVD Spende erschließt sich mir nicht ganz. Leute Leute, wenn ihr das nicht mehr braucht, schmeißt das eine in die Tonne (da gehört es eh hin) und spendet das andere dem Kindergarten, vielleicht… Aber tragt nicht dazu bei, dass ehrenamtliche Helfer_innen so was auch noch sortieren müssen.
99 % der Spenden sind großartig und toll. Sie füllen ganze Hallen. Aber immer wieder sind Sachen dabei, die bestenfalls ein Kopfschütteln, schlimmstenfalls ein WTF auslösen.
Beispiele habe ich in meinem Tumblr: WTF Spenden zusammengetragen.
Und um noch etwas klarzustellen. Das Gesagte ist meine ganz persönliche Meinung. Sollte einer der Hilfsdienste wie DRK oder THW oder einer der anderen finden, dass ich ihnen mit meinem Geschreibsel einen Bärendienst erweise, dann bitte sagen. Meine Absicht ist es nur, ein bisschen zum Nachdenken zu bringen.
Und natürlich meckere ich nicht nur, sondern hab meine Tipps zum sortieren hier zusammengestellt:
Ihr wollt Kleider für die Flüchtlinge spenden? So geht’s
Unbedingt lesen solltet ihr auch den Blogpost von Sandra Braun, mit der ich gestern die Freude hatte, zusammenzuarbeiten und mit der ich manch fassungslosen Blick getauscht habe, ob der gespendeten Artikel. Bitte hier entlang:
Entsorgen Sie noch oder spenden Sie schon?
Einen sehr emotionalen Einblick gibt Suschna im Blogpost:
Liebe Andrea,
ich finde es sehr gut, dass du das ansprichst. Es ist tatsächlich so, dass eine Flut an Spenden die Helfer auch überspülen kann und einfach umhauen kann. Deshalb ist es auch so wichtig, vorher zu überlegen, was wirklich gebraucht wird.
Gut meinen ist eben nicht immer gut machen und noch schlimmer wird es, wenn dann tatsächlich eher ein Entrümpeln dazu genutzt wird, alles zu „spenden“.
Ich selbst veranstalte ja immer große Bücherflohmärkte, auch mit sozialem Hintergrund, (www.lese-schreib-werkstatt.de) und ich kann aus fast zehn Jahren Erfahrung sagen:
wir bekommen größtenteils viele gut erhaltene Bücher die dann unseren Bücherflohmarkt ausmachen. Die müssen längst nicht neu sein. Das macht nichts.
Aber was uns oft viel unnötige Arbeit bereitet: Buchspenden die stinken,verschimmelt sind, so dreckig sind dass unsere Hände danach schwarz sind, die zerrissen sind oder die absolut unrelevant sind wie Word 95 und ähnliches. All diese Bücher müssen wir dann in den Container fahren, wo sie direkt hingehört hätten. Das kostet Zeit und Kraft.
Deshalb denke ich, dass es ganz wichtig ist, über Spenden auch einmal zu reflektieren wie du es gerade getan hast.
Viele liebe Grüße an dich
Christine
Danke für deinen Kommentar Christine. Es ist so schade, dass Menschen die sich so engagieren mit dem Müll ihrer „lieben“ Mitmenschen belasten müssen.
Liebe Andrea,
diese verschiedenen Spendertypen kenne ich sehr gut. So geht es auch zu bei der Kleiderspende für Obdachlose. Schon kurios was da verschmutze und kaputte Kleidung abgegeben wird.
Da merkt und spürt man die Haltung von diesen Leuten. Gott sei Dank ist aber die positive Spenderseite in der Überzahl.
Heide Rose Loritz
Ja glücklicherweise.
Hallo Frau Juchem,
vielen Dank für die beiden Posts über das Thema Flüchtlinge.
Ein Thema, das mich auch gerade sehr beschäftigt.
Ich habe heute zusammen mit meinen beiden Kindern Spielsachen für die Flüchtlingskinder zusammengepackt. Die Spielsachen warten nur darauf, Kinderaugen strahlen und wenigstens für einen Moment alles vergessen zu lassen.
Kann ich die Sachen in der Dörrenbachschule abgeben?
Wie sind denn die Öffnungszeiten?
Sind Süssigkeitenspenden auch willkommen?
Oder gibt es hier Hygienebedingungen zu beachten?
Ich hätte da an Gummibärchen gedacht.
Vielleicht können Sie mir etwas dazu sagen.
Vielen Dank und viele Grüße,
Andrea
Hallo Andrea,
da ich nur Helferin war und nicht zum Orga Team gehöre, kann ich dazu keine Auskunft geben. Aber ich habe ihre Frage weitergeleitet und diese Antwort bekommen:
Gummibärchen sind kritisch wegen Schweinegelatine. Öffnungszeiten Mo-Do 9-16, Fr 9-12
Vielen lieben Dank für die schnelle Rückmeldung.
Toll geschrieben, genau so ist es.
Danke für diesen interessanten Post. Bei mir zuhause steht auch bereits eine große Tüte mit Kleidern, die ich vor dem Hintergrund dessen, was du schilderst, noch einmal einer kritischen Überprüfung unterziehen werde.
In einem bin ich mir aber jetzt schon sicher: Schmutzige und zerrissene Kleidung ist keine dabei.
Und bei allem Respekt: Wer so dreist ist, einen derart versauten Babybody abzugeben, muss wirklich schon ein Arschloch sein!
Für dein Engagement, vor allem aber auch für den großartigen Einsatz der vielen hundert Menschen, die jetzt schon in Lebach, in Eppelborn und in den anderen Gemeinde unseres Landes tätig sind, kann man nur Danke sagen!
Viele Grüße
Alwin
Die Flüchtlinge können auch froh sein was zu bekommen.
Wenn ich aus einem Kriegsgebiet fliehen würde mit Todeangst und um mein Leben fürchte, dann bin ich froh, wenn ich in Sicherheit bin und überlebt habe. Dann bin ich für jeder Hilfe dankbar und habe kein Anspruchsdenken.
Anspruchsdenken haben nur Wirtschaftsflüchtlinge. Und die sollen sich ihre Markenklamotten selbst erarbeiten. Kleidung muß meinen Körper bedecken und warm halten und keinen Status kommunizieren. Mode ist eine Erfindung der Neuzeit.
Ich habe selten so einen Schwachsinn gelesen. Ich trage meine Kleidung bis sie auseinanderfällt. Ich spende was mir größenmäßig nicht mehr passt oder was ich nicht mehr mag – sowas kommt aber alle 10 Jahre nur einmal vor.
Da ich selbst kaum mehr etwas kaufe, da ich hochwertige Kleidung besitze, die viele Jahre hält und aktuelle Modetrend mir ziemlich egal sind, habe ich kaum was zu spenden.
Und – welch ein Wunder – ich als Deutscher muß mit meinem Geld rechnen, denn ich bekomme nichts in den Allerwertesten geschoben, ich darf durch Steuern die kriminellen frauenverachtenden Kulturbereicherer mit Mittelalter-Ansichten auch noch finanzieren. Und dann soll ich auch noch neuwertige Kleidungsstücke spenden? Kann ich mir nicht leisten.
Sollen doch Primark und H&M ihren Kleidungsmüll spenden – die machen doch Gewinn ohne Ende, denn die zahlen keinen Cent Steuern in Deutschland.