Gestaltung auf Anzeigenaltar geopfert

Wer mein Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich begeisterte Leserin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung bin. Von der Qualität der Artikel, über die Auswahl der Themen bis hin zur Gestaltung, finde ich sie mit Abstand das überzeugendste Print Produkt am Sonntag. Das Thema Gestaltung war es auch, das mich vor gut anderthalb Jahren dazu bewogen hat, den Titel der FAS jeden Sonntag zu fotografieren. Die Bilder in einem Video hintereinander geschnitten, ergaben einen tollen Rückblick auf das Jahr 2009. Auch in diesem Jahr habe ich wieder Sonntag für Sonntag für Sonntag diese überragende Titelgestaltung, die auch schon mehrfach preisgekrönt wurde (also nicht nur der Titel, sondern die ganze Zeitung), ins Bild gesetzt, zu finden in meinem Flickr Account. Wie man sehen kann, wird die obere Hälfte des Titels meist von einem Thema mit passendem, großartigem Foto dominiert.

Und heute? Heute bin ich erst mal verwirrt, als ich die FAS aus dem Briefkasten nehme. Eine halbe Seite widmen sie dem Thema D-Mail, dem sicheren E-Mail-Angebot der Post? Das kann ja wohl nicht wahr sein. Der zweite Blick zeigt dann, dass es sich um eine – für die FAS neue – Werbeform handelt, die  von anderen Printprodukten schon hinlänglich bekannt ist.

Ich hoffe sehr, dass dies das erste und das letzte Mal sein wird. Nicht, dass mich die Anzeige stört, die kann man ja einfach entfernen, aber der darauf abgestimmte Seitenaufbau und die Beliebigkeit der Titelseitengestaltung, die stört mich doch sehr. Nehmt den Kopf weg und es könnte jede andere Zeitung sein, die herausragende Gestaltung mit der sich die FAS bisher wohltuend von der Konkurrenz abgehoben hat, die ist mit diesem Zugeständnis an Anzeigenwerbung dahin.

Sehr schade.

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7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Dem kann ich nur zustimmen. Mit dieser Form der Werbung gewinnt die FASZ zwar einerseits Werbeeinnahmen, verliert aber andererseits ein gutes Stück Zufriedenheit ihrer Leserschaft (was auf die Dauer das höhere Gut ist).

    Zudem ergibt sich – liest man die werbeummantelte Zeitung von links nach rechts – noch der absurde Satz:

    Die Post im Internet: Deutsche Soldaten schlagen Alarm.

  2. Hallo Markus, danke für deinen Kommentar. Sehe ich ganz genauso. Hoffnung bleibt nur, dass diese Art der Werbung so teuer ist, dass sie nicht oft geschaltet wird, aber das sie wirklich ihre Gestaltung an der Anzeige ausrichten (was dann wie du ja sehr treffend angemerkt hast auch noch eine ganz bescheuerte zusätzliche Headline ergibt) ist schon bedenklich. Sie hätten es doch drüber legen können und trotzdem ihre bisherigen Gestaltungsrichtlinien beibehalten können.
    Gut das Ziel wurde erreicht, ich hab die Anzeige der Post wirklich wahrgenommen. Nur gut finde ich beides nicht. Weder D-Mail noch Anzeige…

  3. bei der welt am sonntag war’s noch schlimmer: da bestand die gesamte erste seite aus einer post-anzeige.
    beim umblättern gabs aber dann noch noch eine „normale“ erste seite.

  4. Lächerlich, sich über so was aufzuregen. Nein: naiv. So geht eben Kapitalismus. Punkt aus Ende. Steht ja jedem frei, das Abo zu kündigen oder die Zeitung nicht mehr zu kaufen.

    Aber wisst Ihr, wieso das kaum einer macht: Weil es genug Leute gibt, die es sich wie Ihr privilegiert bequem machen können und Zeit und Muße haben ein Leben zu führen, in dem man für solch dekadenten Zeitvertreib Luft hat, wie die Sonntagszeitung zu fotografieren.

    Es gibt genug Studienräte und Manager wie Euch, denen abgestimmter Seitenaufbau und Titelseitengestaltung wichtiger sind als kritischer Journalismus. Das weiß auch die FAS, das weiß sie WamS. Das ist Deutschland, das ist Kapitalismus!

  5. Und weißt du was lieber @Theo, noch viel lächerlicher ist es, anonyme Kommentare zu schreiben. Ganz ganz arm.

  6. @Theo: Man kann konstruktiv Kritik üben, und von mir aus die Meinung vertreten, wichtiger als die dargebotene Form der Zeitung sei eine kritische Berichterstattung. Aber den von der Autorin angebrachten und durchaus nachvollziehbare Kritikpunkt, die Gestaltung des Blattes der Werbung zu opfern, als lächerlich zu bezeichnen, und das auch noch anonym zu tun, trägt nicht dazu bei, dass man sich mit der vorgebrachten Kritik ernsthaft befassen müsste.

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